Extended abstract

Leistungssteigerung von Patienten-Monitoring durch Compressive Sensing

DOI: https://doi.org/10.4414/smi.31.00338
Publication Date: 10.09.2015

Hofer Thomas, Bromuri Stefano, Schumacher Michael

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Abstract

Chronic diseases like those related to the cardiovascular system are among the most common causes of death worldwide, as are chronic obstructive diseases of the lung (COPD: chronic obstructive pulmonary disease). In most cases, the disease progression can be slowed down, yet there is no way to stop it. To this end, strict therapy compliance, along with the continuous monitoring of vital parameters, appears crucial. With the development of connected terminal devices and progress made in information technologies over the past years, continuous patient monitoring is now possible without requiring costly hospitalizations. In the best-case scenario, this translates into improved, or at least not deteriorated, quality of life for the patients, with only a minor impact on their daily life. The COMPASS1 (COntinuous multi-variate Monitoring of Patients Affected by chronic obstructive pulmonary diSeaSe) project [1, 2] seeks to develop a personal health system (PHS) [3, 4] that is capable of continuously monitoring vital parameters and compressing patient data, while ensuring interoperability and patient safety, in addition to providing prognostic information. This article presents a novel approach to combining interoperability with HL7 standards whilst simultaneously ensuring data compression via compressive sensing [5].

Einleitung

Kontinuierliches Messen von Vitalparametern an Personen, die nicht stationär in einem Krankenhaus aufgenommen sind, birgt Herausforderungen. Nennenswerte Motivatoren zur externen Patientenüberwachung sind die Reduktion der Kosten für Versicherungen, Regierungen und Patienten, eine älter werdende Bevölkerung, die Auslastung in Krankenanstalten und die Lebensqualität von Patienten, insbesondere Personen mit chronischen Krankheiten.

Anforderungen wie Nutzbarkeit, Einfachheit und Robustheit der eingesetzten Sensoren und deren User Interfaces müssen ebenso beachtet werden wie technische Aspekte der Interoperabilität, Sicherheit und Privatsphäre. Das COMPASS-Projekt, welches in [1, 2] mit allen Komponenten detailliert beschrieben wurde, hat als primären Use-Case die Überwachung von COPD-Patienten. Neben der Herausforderung der Usability, um die Akzeptanz der Patienten zu erhöhen, sowohl der Sensoren als auch der Anwendung, die die gemessenen Daten zu einem EHR-(Electronic Health Record-)System sendet, befasst sich die vorliegende Arbeit mit den technischen Herausforderungen, die Menge der gesammelten Daten möglichst effizient zu übermitteln. Im Kontext von medizinischen Applikationen spielen Datensicherheit, Datenqualität (unveränderte, originale Daten) sowie Interoperabilität eine grosse Rolle. Bekannte Standards wie etwa HL7 (Health Level 7) zur Übermittlung von Laborwerten, Bildmaterial, Sensordaten oder dergleichen, verursachen einen beträchtlichen Overhead, um funktionale und semantische Interoperabilität zu erreichen. Die Richtlinien in HL7 erlauben keine Kompression der Daten, nur eine Komprimierung der gesamten HL7-Nachricht ist möglich. Im medizinischen Umfeld ist, wie bereits erwähnt, Datenqualität und Datenoriginalität von höchster Wichtigkeit. Dies führt zur ausschliesslichen Verwendung von verlustfreien Komprimierungsverfahren. Wir glauben jedoch, dass die Datenmenge, die mittels einer kontinuierlichen Überwachung von mehreren Vitalparametern erzeugt wird, in Abhängigkeit vom Anwendungsfall, es erlaubt, verlustbehaftete Komprimierungsverfahren zu verwenden, ohne semantische oder qualitative Einbussen der Daten zu erleiden.

Diese Arbeit stellt einen Interoperable (De)Compression Layer (siehe Abbildung 1) vor, um die Leistungsfähigkeit und Reaktionszeit des Systems zu erhöhen, die Batterielaufzeit des mobilen Endgeräts zu steigern, das Netzwerk zu entlasten und gleichzeitig die Datenqualität und enthaltene Entropie für einen definierten Use-Case beizubehalten.

Methodologie

Im folgenden Abschnitt wird das System beschrieben, mit dem Compressive Sensing getestet wird; danach wird auf die Motivation und Beweggründe eingegangen. Ferner wird Compressive Sensing kurz erklärt und welche Tests durchgeführt wurden. Im Anschluss werden die Ergebnisse vorgestellt sowie ein Ausblick gegeben auf zukünftige Themen und Arbeiten.

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Abbildung 1

Schematische Darstellung des Datenflows mit Integration des Interoperable (De)Compression Layers.

Personal Health System

Das PHS, welches im Zuge des COMPASS-Projekts entwickelt wird, hat sich die Schwerpunkte Interoperabilität, Komprimierung und Prognose von Vitalparametern zum Ziel gesetzt. Um Interoperabilität zu implementieren, werden die Continua Design Guidelines [6] in Betracht gezogen, die eine Vielzahl etablierter Standards (IEEE 11073-*, IHE PCD TF, HL7) empfehlen und die Verwendung dieser weiter einschränken und verfeinern. Zur Prognose von Vitalparametern werden unterschiedliche Machine-Learning-Algorithmen evaluiert. Das Ziel ist es, den Status von Patienten mit chronischen Erkrankungen zu überwachen und eine rechtzeitige Intervention durch Fachpersonal zu ermöglichen. Die Machine-Learning-Komponente ist nicht Thema dieser Publikation und wird in einer zukünftigen Arbeit präsentiert. Im folgenden Abschnitt wird näher auf die Strategie und Technologie zur Kompression der Messdaten eingegangen.

Motivation

Die Komprimierung der Messdaten soll die Lebensdauer der Batterie des mobilen Endgeräts (Smartphone, Tablet) erhöhen, da ein direkter Zusammenhang zwischen Datenmenge und Batterieverbrauch besteht, wie in Kalic et al. [7] deutlich beschrieben wird. Neben der Batterie wird aber auch das verwendete Netzwerk entlastet, wenn die Datenmenge minimiert wird. Im vorliegenden Szenario beträgt die Messrate zwei Messungen pro Minute, in der folgende Parameter pro Messzyklus gespeichert werden: Herzrate, Hauttemperatur, Durchblutung, Pulsoxymetrie und Bewegungsdaten. Bei einer hohen Messfrequenz ist es wichtig, die Übermittlungsstrategie der Daten intelligent zu wählen. Übermittelt man jede Messung einzeln und fügt mehrere 100 Patienten hinzu, kann dies zu einer verringerten Antwortzeit des Servers führen und schränkt ebenso die Skalierbarkeit des Systems ein.

Abbildung 1 zeigt einen Überblick über das gesamte System und hebt die Position des Compression Layers hervor. Mit diesem Ansatz werden Schnittstellen angeboten, die herkömmlichen Interoperabilitätsanforderungen Genüge tun und gleichermassen zu einer Entlastung der Batterie und auch des mobilen Netzwerks führen. Die Dekomprimierung der Daten kann an verschiedenen Anknüpfungspunkten erfolgen. Vorstellbare Szenarien sind ein eigenständiger Web-Service oder direkt als Bibliothek in der Server-Implementierung.

Compressive Sensing

Compressive Sensing wird in der Signalverarbeitung eingesetzt, um unvollständige Signale wiederherzustellen. Dies basiert auf der Annahme des Shannon-Nyquist-Abtasttheorems, welches besagt, dass die Abtastrate doppelt so gross sein muss wie die höchste Frequenz des Signals. Durch die Anwendung einer Projektionsmatrix zur Transformation in einen Vektorraum geringerer Dimension werden die Daten komprimiert. Um die Daten wiederherstellen zu können, muss die Projektionsmatrix die Restricted Isometry Property (RIP) erfüllen. RIP ist gegeben, wenn bei der Transformation von einer N-Dimensionalen Metrik in eine M-Dimensionale Metrik die Distanz zweier Datenpunkte in beiden Metriken gleich gross ist. Eine weitere, wichtige Eigenschaft für CS ist die gegenseitige Kohärenz (mutual coherence), welche die Ähnlichkeit zweier Spalten in einer Matrix beschreibt. Sind sich die Spalten sehr ähnlich, so führt dies zu vermehrten Fehlern in der Rekonstruktion der originalen Matrix. In der Literatur werden unterschiedliche Optimierungsverfahren beschrieben, um gegenseitige Kohärenz zu minimieren unter Berücksichtigung des RIP [8, 9]. Mit diesen Ansätzen werden bereits gute Ergebnisse erzielt, jedoch hängt die Qualität stark vom gegebenen Signal ab. Aus diesem Grund wurde ein genetischer Algorithmus formuliert, der die Leistung der generierten Projektionsmatrix maximiert. Eine genaue Beschreibung des Verfahrens zur Maximierung der Projektionsmatrix befindet sich in [1].

Resultate

Die ersten Tests wurden mit einem Datensatz von 40Pulsoxymeter-Messungen von 4 Probanden durchgeführt. Für die Messungen wurde der VSM-SensorPrototyp der Firma Biovotion verwendet. Für die Kalibrierung unseres Algorithmus wurde der Datensatz aufgeteilt in 28 Messungen für Training und 12 für Tests zur Berechnung des RMSE (Root Mean Square Error) bei Vergleich des Originalsignals mit dem rekonstruierten Signal (siehe Abbildung 2). K-SVD wurde als das Verfahren zum Erlernen der Projektionsmatrix [8] gewählt. Alle Signale wurden um 20% komprimiert. Das in Abbildung 2 dargestellte Signal sind Messungen über einen Zeitraum von 10 Stunden. Der präsentierte Ansatz funktioniert gut bei homogenen Signalsequenzen, hat jedoch bei lokalen/globalen Maxima und Minima Probleme, das Signal korrekt wiederherzustellen. Zusammengefasst präsentiert sich der Ansatz, für einen verlustbehafteten Komprimierungsalgorithmus, sehr gut und erlaubt bei einer Verdichtung der Daten auf 80% eine vielversprechende Rekonstruktion der Daten.

Diskussion

In dieser Arbeit wurde Compressive Sensing in Kombination mit einem (De)Compression Layer vorgestellt, der trotz Kompression von Daten den Einsatz weitverbreiteter Interoperabilitätsstandards erlaubt. Durch eine Limitierung der Komprimierungsrate auf 20% konnten die Originaldaten nahezu vollständig wiederhergestellt werden. Da eine Korrelation zwischen gesendeter Datenmenge und Batterieverbrauch besteht, kann man mit diesem Ergebnis die Laufzeit des Geräts um einen Fünftel steigern. Der direkte Effekt auf die Batterielaufzeit sowie eine Erhöhung der Komprimierungsrate und die resultierenden Auswirkungen sind Themen zukünftiger Arbeiten.

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Abbildung 2

Vergleich des Originalsignals (rot) mit dem wiederhergestellten Signal (blau).

1 COMPASS wird finanziert durch KTI in Zusammenarbeit mit Biovotion, die uns ihren VSM-(Vital Sign Monitor-)Prototyp zur Verfügung stellen.

Correspondence

Korrespondenz:

Thomas Hofer

Institut für Wirtschaftsautomatik, AISLab

HES-SO Valais-Wallis

Techno-Pôle 3

CH-3960 Sierre

thomas.hofer[at]hevs.ch

Referenzen

1 Hofer T, Schumacher M, Bromuri S. COMPASS: an Interoperable Personal Health System to Monitor and Compress Signals in Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Proceedings of Pervasive Health, Istanbul, 2015 [in print].

2 Hofer T, Schumacher M, Talary M, et al. COMPASS: COntinuous Multi-variate monitoring for Patients Affected by chronic obstructive pulmonary disease. Swiss Medical Informatics. 2014. Internet: http://www.medical-informatics.ch/index.php/smiojs/article/view/312/318.

3 Kafali Ö, Bromuri S, Sindlar T, et al. Commodity12: A smart e-health environment for diabetes management. JAISE. 2013;5(5).

4 Bromuri S, Puricel S, Schumann R, et al. An expert personal health system to monitor patients affected by gestational diabetes mellitus: A Feasibility Study. JAISE. 2015 [in print].

5 Donoho DL. Compressed sensing. IEEE Transactions on Information Theory. 2006;52(4):1289–306.

6 Continua Health Alliance, Continua Design Guidelines, 2013.

7 Kalic G, Bojic I, Kusek M. Energy Consumption in Android Phones when using Wireless Communication Technologies. In: MIPRO 2012, Opatija, 2012.

8 Elad M, Aharon M. Image denoising via sparse and redundant representations over learned dictionaries. IEEE Transactions on Image Processing. 2006;15(12):3736–45.

9 Duarte-Carvajalino JM, Sapiro G. Learning to sense sparse signals: Simultaneous sensing matrix and sparsifying dictionary optimization. IEEE Transactions on Image Processing. 2009;18(7):1395–408.

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