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Akzeptanz elektronischer Bild- und Dokumentenübermittlung an niedergelassene Ärzte

DOI: https://doi.org/10.4414/smi.2012.00029
Publication Date: 20.08.2012
2012;28(00):

Oertle Marc

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Einführung

In der Schweiz existierte bisher im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa keine einheitliche Infrastruktur und kein einheitlich definiertes Vorgehen, wie die Kommunikation zwischen Spital und niedergelassenem Arzt vorzunehmen wäre. Zwar gibt es im Rahmen der eidgenössischen e-Health-Strategie diesbezügliche Empfehlungen und Vorstellungen, sind Rahmenbedingungen über den strukturierten Datentransfer (HL7) in Diskussion oder schon verabschiedet, aber nur wenige Regionen nutzen dieses Vorgehen wirklich konsequent. Zudem finden sich nach wie vor viele Arztpraxen, die wesentliche Teile der Krankenakte noch papierbasiert führen. Und viele Spitäler sind nicht in der Lage, den gesamten Informationstransfer von Bildern und Dokumenten kohärent und gesichert elektronisch zu übermitteln.

Arztpraxen und Elektronik

Seit Jahren kommt die Ausrüstung der Arztpraxen mit elektronischen Krankenakten nur schleppend voran. Das hat nicht zuletzt auch mit der hohen Effizienz der Papier-Krankengeschichte, fehlenden Anreizsystemen und der Praxisinformatik zu tun. Eine Umfrage in der Schweiz (1200 zufällig ausgewählte Ärzte, Rücklauf 59%) ergab 2007, dass nur 12% der Ärzte eine elektronische Krankengeschichte KG führten und weitere 10% erwogen einen Umstieg [1]. Für insgesamt 67% kam ein Umsteigen auf eine elektronische Dokumentation in den nächsten 3 Jahren nicht in Frage.

In einem als innovativ angesehenen städtischen Ärztenetzwerk [2] ergaben sich 2008 nur unwesentlich andere Daten (104 Antworten, Rücklaufquote 86%, cave selection bias): 21% der Ärzte führten eine elektronische Krankengeschichte KG, 91% hatten aber einen HIN-Anschluss (allerdings nur 60% konnten End-zu-End verschlüsseln).

Die Umfragen des Instituts für Praxisinformatik (Online-Umfrage, Rücklauf um 18–23%, cave selection bias) ergaben 2011/2012, dass je rund 51% / 51% bereits auf eine e-KG umgestellt hatten oder gerade dabei waren umzustellen, für rund 39%/36% war ein Umstellen aber immer noch kein Thema [3].

Projekt

Die Spital STS AG hat für die elektronische Übermittlung von Bild- und Befunddaten 2011 eine Lösung etabliert, welche via verschlüsselte Mail-Kommunikation (HealthInfoNet HIN) dem Hausarzt einen Zugriff (sog. Freigaben) auf in der Spitalinfrastruktur gespeicherte Daten (Universalarchiv) ermöglicht. Dabei können die Daten nur betrachtet oder auch heruntergeladen werden, eine zusätzliche Software-Installation ist nicht nötig. Treiber für die getroffene Lösung war, dass die allermeisten (>90%) niedergelassenen Ärzte im Einzugsgebiet der Spitalgruppe über einen HIN-Account verfügen und diesen auch nutzen. Diese Infrastruktur ermöglicht eine zeitgerechte Nachrichtenübermittlung im Push-Prinzip. Zudem fallen dabei keine weiteren Kosten für das Spital oder den Hausarzt an.

Umfrageresultate

Zwischen Mai und Juli 2012 wurden alle 130 Ärzte angefragt, welche in dieser Zeit Mail-Freigaben für Radiologiebilder und/oder Berichte (PDF) erhalten hatten (130 Anfragen, Rücklauf 42%, cave selection bias). 96% nutzen Windows-basierte Computer, 4% Apple-Betriebssysteme. 81% der Antworter hatten Bildbefunde, 82% Berichte freigegeben erhalten. 79% (CT/MRI) bzw. 89% (Berichte, konventionelle Bilder) gaben an, dass sie keine Probleme mit dem Entschlüsseln der Mails und dem Aufrufen der Dokumente bekundeten. Hauptproblematik bei den Schnittbild-Untersuchungen waren Download-Zeiten, falls diese Variante gewählt wurde. 46% bevorzugen den bisher üblichen DVD/Berichtversand per Post, 54% bevorzugen den elektronischen Transfer.

Diskussion

Die Entwicklung in der Schweiz geht immer mehr in Richtung elektronischen Datenaustausch. Dabei besteht eine relativ grosse Kluft zwischen eher noch theoretischen Stossrichtungen (Strategie e-Health-Schweiz, HL7-CDA, IHE) sowie politischer Korrektheit (Patient als Zugriffsrechte-Vergeber und Data owner) einerseits und realem Alltag andererseits. Dennoch werden der Trend zu Elektronik und der Bedarf an effizientem Datenaustausch anhalten, nicht zuletzt, weil auch Versorgungsnetzwerke und integrierte Versorgungsmodelle immer häufiger werden. Trotz niedrigen Schwellen für den niedergelassenen Arzt (keine Zusatzsoftware, keine Zusatzkosten, Push-Prinzip, kein Speicherbedarf an Daten, vorhandene Verschlüsselung via etabliertem HIN-Weg, archivartige Zugriffsmöglichkeit, Link-Kopiermöglichkeit) wünschen sich knapp die Hälfte der antwortenden Ärzte weiterhin eine Befund- und Berichtübermittlung per klassischer Post und DVD.

Correspondence

Korrespondenz:

Dr. med. Marc Oertle

Leitender Arzt Medizin/Medizininformatik

Spital Thun STS AG

Krankenhausstrasse 12

CH-3600 Thun

Marc.oertle[at]spitalstsag.ch

Literatur

1 Rosemann T, Marty F, Bhend H, et al. Utilisation of information technologies in ambulatory care in Switzerland. Swiss Med Wkly. 2010;140:w13088.

2 Dürrenmatt UL. Elektronische Krankengeschichte und Computernutzung in einem städtischen Ärztenetzwerk. PrimaryCare 2010;10(6):115–6.

3 Online-Umfrage Hausärzte Schweiz. Institut für Praxisinformatik. http://www.praxisinformatik.ch/index.php?id=156. Informationen Stand 10.7.2012.

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