Extended abstract

Lessons learnt – Bericht eines Universitätsspitals

DOI: https://doi.org/10.4414/smi.2012.00010
Publication Date: 20.08.2012
2012;28(00):

Hug Balthasar, Bürki Sabbioni Susanna

Please find the affiliations for this article in the PDF.

Summary

Introduction:Generally, scientific publications emphasize positive research results. However, negative results may encompass valuable information. In a tertiary referral hospital in a university setting in central Europe within a period of about 10 years, three futile attempts were made to introduce a comprehensive clinical information system (CIS).

Goal:To clarify lessons learnt from earlier experiences regarding introduction of a CIS.

Methods: Semi-structured interviews of internal stakeholders in those projects.

Results: There were seven main points to be learnt from these interviews regarding leadership, communication, organisation, integration of users into the project, resources, technological standards as well as prioritisation of work packages.

Discussion:A review of literature showed that most of the lessons learnt at this hospital have been described by other institutions.

Conclusion:The seven lessons learnt described here may be generalised since most of them have been described elsewhere. When introducing CIS systems it is important to consider lessons learnt in house as well as by other groups and institutions.

Zusammenfassung

Einleitung:In wissenschaftlichen Publikationen wird vorwiegend über erfolgreiche Untersuchungen berichtet. Misserfolge können jedoch wertvolle Lernpunkte für zukünftige Projekte mit sich bringen. – An einem tertiären Zentrumsspital waren innerhalb von rund 10 Jahren drei Projekte zur Einführung eines umfassenden klinischen Informationssystems (KIS) nicht erfolgreich. Es stellte sich die Frage bezüglich der Hintergründe und möglicher Lernpunkte.

Zielsetzungen:Formulierung der wichtigsten Lernpunkte (Lessons learned) aus früheren Projekten.

Methodik: Befragung von beteiligten Entscheidungsträgern mittels eines semistrukturierten Interviews. Setting: zentraleuropäisches Universitätsspital mit 660 Betten und jährlich 31000 hospitalisierten Patienten.

Resultate: Sieben Lernpunkte kristallisierten sich aus den Interviews heraus. Sie betrafen die Ebenen Führung, Kommunikation, Organisation, Einbezug der Anwender, Ressourcen, technologische Standards sowie inhaltliche und zeitliche Priorisierung der Teilprojekte.

Diskussion: Bei der Durchsicht der Literatur stellt man fest, dass die meisten dieser Punkte von anderen Kliniken ebenfalls erfahren und entsprechend beschrieben worden sind.

Konklusion: Am hier beschriebenen Zentrumsspital wurden Erfahrungen gemacht, welche sich in der Literatur als bekannte «lessons learned» niedergeschlagen haben. Es ist wichtig, sich eigene Vorerfahrungen und diejenigen anderer Gruppen vor Augen zu halten, um aus Fehlern aktiv zu lernen und diese nicht zu wiederholen.

Einleitung

In wissenschaftlichen Publikationen wird meistens über Erfolge berichtet; Misserfolge finden kaum Erwähnung. Dabei können Misserfolge genau so wichtige Lernprozesse in Gang setzen wie Erfolge: Bei ersteren lernt man, was man in Zukunft nicht mehr machen sollte, bei letzteren, welche Abläufe man wiederholen sollte. Der Lerneffekt ist in beiden Situationen gleich gross.

An einem zentraleuropäischen Universitätsspital mit 660 Betten, rund 31000 hospitalisierten und knapp 180000 ambulant behandelten Patienten jährlich wurde in den 2000er Jahren dreimal erfolglos versucht, ein umfassendes klinisches Informationssystem (KIS) einzuführen. Es gab einen riesigen Arbeitsaufwand durch Gruppenarbeiten, Abbildung von Prozessen und Arbeitsflüssen. Jedes Mal musste das Grossprojekt mit einem grossen Verlust an Mitarbeiter Zeit und Finanzen abgebrochen werden. Es stellte sich deshalb die Frage, welches die Hintergründe des fehlenden Erfolges waren und was daraus zu lernen wäre.

Zielsetzungen

Formulierung der wichtigsten Lernpunkte (Lessons learned) aus früheren Projekten.

Methodik

Die Umfrage wurde mittels eines semistrukturierten Fragebogens durch zwei Mitarbeiter der Medizininformatik bei drei beteiligten Meinungsträgern (Patientenbehandlung, Informatik, strategische Führung) durchgeführt.

Folgende Fragen wurden den Befragten vor dem Interview zur Verfügung gestellt:

1. Was sind aus ihrer Sicht die wichtigsten drei Gründe weshalb die letzten KIS Projekte nicht erfolgreich verliefen? Welchen Umkehrschluss ziehen Sie daraus? Also: welches sind die drei wichtigsten Faktoren, um diesbezüglich erfolgreich zu sein?

2. Wie beurteilen sie die Wahl der jeweiligen KIS Lösungen oder Teillösungen? War es aus ihrer Sicht das falsche Produkt? Oder lag es am Vorgehen wie gewählt wurde?

3. Hatte die Vorgehensweise einen Einfluss auf das Ergebnis?

4. War die Organisation für das Vorhaben vorbereitet? Welches sind die wichtigsten Vorkehrungen, welche es zukünftig aus diesen Erfahrungen zu treffen gilt?

Die Resultate wurden in kondensierter Form in sieben Punkten festgehalten.

Resultate

Die folgenden sieben Lernpunkte wurden angegeben.

1. Führung: Projekt-Entscheide müssen vom Spitaldirektor und der Spitalleitung getragen werden. Die oberste Führung muss hinter den Projekten stehen und diese politisch gegen innen wie gegen aussen vertreten. Das Informationsmanagement ist eine strategische Führungsaufgabe.

2. Kommunikation: Das Projekt muss fortlaufend und gut verständlich im Haus kommuniziert werden. Es darf nicht sein, dass nur wenige Eingeweihte Bescheid wissen und andere vom Wissen ausgeschlossen werden.

3. Organisation: Es braucht einen klaren Organisationsaufbau. Falls die Organisation nicht klar aufgebaut ist, gibt es Differenzen zwischen den Linien und den Projektleitern.

4. Einbezug der Anwender: Alle betroffenen Berufsgruppen müssen involviert und beteiligt werden. Dies betrifft insbesondere Mitarbeiter aus den klinischen Bereichen, welche die Arbeit am Patienten kennen.

5. Ressourcen: Ausreichend Kapazitäten der Anwender im operativen Geschäft sowie externe Mitarbeiter. Projekte im Rahmen eines KIS-Aufbaus können nicht vollständig aus der Linie und aus der Alltagsarbeit abgezogen werden. Fachwissen aus dem Bereich der Medizinischen Informatik ist erforderlich.

6. Technologie-Standards: Nationale und internationale Standards müssen eingehalten werden. Dies ist die Voraussetzung, damit die Einzelsysteme intern kommunizieren können. Zudem muss der Informationsfluss entlang der Behandlungskette sichergestellt werden (Stichwort eHealth).

7. Inhaltliche und zeitliche Priorisierung:Vorgehen mit klaren Prioritäten. Da die Ressourcen eines Spitals in der Regel begrenzt sind, ist die Priorisierung der Arbeitsschritte unerlässlich.

Diskussion

Die Erfahrungen an diesem Spital haben gezeigt, dass Grossprojekte wie die Einführung eines umfassenden klinischen Informationssystems (KIS) anfällig auf potentielles Misslingen sind. Die gemachten Erfahrungen sind in der internationalen Gemeinschaft teilweise bekannt. Erfolgreiche KIS-Projekte müssen von der Spitalleitung getragen werden [1, 4, 5, 7]. Des Weiteren ist die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams sehr zentral; die Pflege und die Ärzteschaft sollten von Anfang an involviert sein [2, 3, 6, 7]. Dazu gehört auch, dass ein KIS-Projekt von kommunikativ begabten Persönlichkeiten geleitet werden sollte; technische Versiertheit allein reicht meistens nicht [5]. Die Umsetzung sollte priorisiert und in realistischen Schritten ausgeführt werden [2]. Bei der Einrichtung eines KIS sind technische und prozessuale Standards [9, 10] sowie klinische Terminologien [8] unabdingbar. Sie erlauben, dass verschiedene IT-Systeme untereinander kommunizieren können und die klinischen Abläufe gewissen ausgehandelten Standards entsprechen [3].

Konklusion

Zusammenfassend wurden am beschriebenen Zentrumsspital Erfahrungen gemacht, welche sich in der Literatur als bekannte «lessons learned» niedergeschlagen haben. Es ist wichtig, sich eigene Vorerfahrungen und diejenigen anderer Gruppen vor Augen zu halten, um aus Fehlern aktiv zu lernen und diese nicht zu wiederholen.

Correspondence

Korrespondenz:

PD Dr. B. Hug, MBA, MPH

Leitender Arzt Innere Medizin

Universitätsspital Basel

Petersgraben 4

CH-4031 Basel

bhug[at]uhbs.ch

Literatur

1 Ludwick DA, Doucette J. Adopting electronic medical records in primary care: lessons learned from health information systems implementation experience in seven countries. Int J Med Inform. 2009;78(1):22–31

2 Miranda D, Fields W, Lund K. Lessons learned during 15 years of clinical information system experience. Comput Nurs. 2001;19(4):147–51.

3 Schuster DM, Hall SE, Couse CB, Swayngim DS, Kohatsu KY. Involving users in the implementation of an imaging order entry system. J Am Med Inform Assoc. 2003;10(4):315–21.

4 Winter A, Haux R, Ammenwerth E, Brigl B, Hellrung N, Jahn F. Health Information System Architectures and Strategies. 2nd Edition. New York: Springer; 2011. p. 237–82.

5 Paré G, Sicotte C, Jaana M, Girouard D. Priorizing the risk factors influencing the success of clinical information systems projects. Methods Inf Med. 2008;47:251–59.

6 Bates DW, Kuperman GJ, Wang S, et al. Ten commandments for effective clinical decision support: making the practice of evidence-based medicine a reality. J Am Med Inform Assoc. 2003;10(6):523–30.

7 Debande B, Le dossier patient intégré: tellement indispensable et si difficile à mettre en œuvre. Swiss Medical Informatics. 2011(73):14–18.

8 Rector AL, Clinical Terminology: Why Is it so hard? Yearbook of Medical Informatics. 2001:286–99.

9 Schweizerische Eidgenossenschaft und Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren. ehealthsuisse, Teilprojekt Standards und Architektur, Empfehlungen I-III. 2009–2011 http://www.e-health-suisse.ch/umsetzung/00146/00148/index.html?lang=de

10 Health Information and Quality Authority, Developing National eHealth Interoperability Standards for Ireland: A Consultation Document. December 2011 http://www.hiqa.ie/publications?topic=8&type=All&date%5Bvalue%5D%5Byear%5D=2011

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