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Validierung der voxelbasierten Volumetrie / Morphometrie gegenüber der klinischen Diagnose einer Alzheimererkrankung im Patientenkollektiv einer Memoryklinik

DOI: https://doi.org/10.4414/smi.2012.00009
Publication Date: 20.08.2012
2012;28(00):

Anker Ulrich

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Einleitung

In der Schweiz leben ca. 100000 Menschen mit einer Demenzerkrankung [1]. Die häufigste Ursache für eine Demenz ist die Alzheimererkrankung. Sie führt über einen kontinuierlichen Abbau der Hirnleistungen zu einer Abnahme der Alltagskompetenz und ist deshalb heute eine der häufigsten Einzelursachen für die Pflegebedürftigkeit im Alter.

In frühen Krankheitsstadien mit nur diskreten, aber oft belastenden Symptomen ist die Diagnose einer Alzheimererkrankung schwierig. Diese Frühphase ist im Hinblick auf die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien von Bedeutung. Daher wird laufend nach neuen diagnostischen Verfahren und Biomarkern gesucht, welche die Frühdiagnostik verbessern können.

Ein solches Verfahren ist möglicherweise die voxelbasierte Volumetrie/Morphometrie (VBV/VBM), die im wesentlichen auf der computergestützten vollautomatischen Ausmessung bestimmter Hirnregionen unter Verwendung der Magnetresonanztomografie basiert (Abb. 1). Das Verfahren versucht, eine Aussage zum Vorliegen einer Alzheimererkrankung zu machen. Dies beruhend auf der Tatsache, dass ein Zusammenhang zwischen der Krankheit und den Veränderungen bestimmter Hirnstrukturen besteht [2–5] (Abb. 2).

Ziel dieser Arbeit war es, die VBV/VBM im klinischen Umfeld der Memoryklinik des Stadtspital Waid Zürich diagnostisch zu validieren.

Material und Methoden

Wir führten eine diagnostische Validierungsstudie durch. Die Stichprobe bestand aus 100 erstabgeklärten Patienten der Memoryklinik im Jahre 2010 (Tab. 1). Die klinische Diagnose einer Alzheimerkrankheit wurde unter Berücksichtigung der aktuellen Richtlinien in der Demenzdiagnostik gestellt (DSM IV und ICD-10). Die Beurteilung der VBV/VBM hinsichtlich des Vorliegens einer Alzheimererkrankung wurde mit der klinischen Beurteilung (Goldstandard) verglichen (Tab. 2).

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Abbildung 1

Auswertungen der verschiedenen anatomischen Regionen des Hirn mit dem Verfahren der VBV/VBM.

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Abbildung 2

Veränderungen im Hirn durch die Alzheimerkrankeit.

Tabelle1: Beschreibung der Stichprobe.
Klinische Diagnose:AlzheimererkrankungJa (positiv)*Wahrscheinlich/möglich*Nein (negativ)*
Anzahl Patienten442135
Alter mean (range)79 (64–91)78 (60–92)67 (42–85)
Geschlecht (F/M)26/1813/815/20
Demenz nein 125
Demenz wahrscheinlich2143
Demenz ja4267
Depression6613
MCI ja21016
SCI  13
MMSE mean (range)21 (13–29)25 (16–30)27 (6–30)
Uhrentest mean (range)4 (0–7)5 (2–7)6 (0–7)
Legende: MCI = Mild Cogninitve Impairment; SCI = Subjective Cognitive Impairment; MMSE = Mini-Mental State Examination. *Mehrfachnennungen sind möglich.

Resultate

Das Verfahren zeigte im untersuchten Kollektiv für das Vorliegen einer Alzheimererkrankung eine Sensitivität von 89%, eine Spezifität von 65%, einen positiv prädiktiven Wert von 76% und einen negativ prädiktiven Wert von 81% im Vergleich zur klinischen Diagnose einer Alzheimerkrankheit (Tab. 3, Bedinungen a bis c). Schliesst man zusätzlich die Patienten mit der klinischen Diagnose eines Mild Cognitive Impairment aus und berücksichtigt nur Patienten mit einer sicheren Demenz, so verbesserte sich die Sensitivität auf 90% und die Spezifität auf 91%. (Tab. 3, Bedingung d).

Tabelle 2: Basisverteilung der gestellten Diagnosen einer Alzheimererkrankung durch die Klinik und den Test VBV/VBM BBS.
 Diagnose (Klinik) 
 positivwahrscheinlich/möglichnegativTotal
positiv39121263
wahrscheinlich/möglich 213
negativ572234
Total442135100
Chi-Quadrat = 28.79, df = 4, p < 0.001
Tabelle 3: Kennwerte der Validierung VBV/VBM gegenüber der klinischen Diagnose einer Alzheimererkrankung.
BedingungSensitivität (95% CI)Spezifität (95%CI)PPV (95% CI)NPV (95% CI)
a)89 (75–96)65 (54–76)76 (62–87)81 (61–93)
b)89 (75–96)57 (43–70)62 (49–74)86 (70–95)
c)81 (70–90)63 (45–78)80 (68–89)64 (46–80)
d)90 (76–96)91 (59–99)97 (84–99)73 (44–91)

Diskussion

Die VBV/VBM kann im untersuchten Kollektiv einer Memoryklinik mit einer Sensitivität von 89% das Vorliegen einer Alzheimererkrankung erkennen. Dies bei einer relativ tiefen Spezifität von 65%. Berücksichtigt man die hohe diagnostische Genauigkeit der standardisierten klinischen Demenzdiagnostik, so erscheint der Zusatznutzen der VBV/VBM beim untersuchten Kollektiv begrenzt. Durch Anpassungen des Beurteilungsalgorithmus kann die Spezifität allenfalls verbessert werden. Für die Beurteilung des Stellenwerts der VBV/VBM als Biomarker in der Frühdiagnostik der Alzheimerkrankheit sind weitere Studien an Patienten mit nur diskreten kognitiven Einschränkungen nötig.

Correspondence

Korrespondenz:

Ulrich Anker

Leitender MTRA

Stadtspital Waid

Tièchestrasse 99

CH-8037 Zürich

ulrich.anker[at]waid.zuerich.ch

Referenzen

1 Ecoplan. Kosten der Demenz in der Schweiz. 2010.

2 Chertkow H, Black S. Imaging biomarkers and their role in dementia clinical trials. Can J Neurol Sci. 2007;34(Suppl. 1):S77– 83.

3 Coimbra A, Williams DS, Hostetler ED. The role of MRI and PET/SPECT in Alzheimer's disease. Curr Top Med Chem. 2006;6:629–47.

4 Ridha BH, Anderson VM, Barnes J, et al. Volumetric MRI and cognitive measures in Alzheimer disease: comparison of markers of progression. J Neurol. 2008;255:567–74.

5 Scheltens P, Leys D, Barkhof F, et al. Atrophy of medial temporal lobes on MRI in "probable" Alzheimer's disease and normal ageing: diagnostic value and neuropsychological correlates. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 1992;55:967–72.

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